Mich bringt eigentlich nichts mehr so schnell auf die Palme. Ausser unfreundliche, inkompetente Verkaufsberater/-innen, die pushen mich in einer Minute auf 180. Nachdem ich fast drei Jahre selbst im Verkauf gearbeitet habe und die Hälfte der Zeit stellvertretende Filialleiterin war, bilde ich mir ein zu wissen, wann der Ton nicht ganz passend bzw. die Antwort eine Spur zu pampig ist. Letzte Woche hatte ich wieder einmal das zweifelhafte Vergnügen, an eine solche Person zu geraten.
Fangen wir von vorne an. Vor einigen Tagen flatterte mit der Zeitung ein Prospekt von tiptop, einem Möbelladen mit mehr als 30 Filialen, in den Briefkasten. Normalerweise werfe ich diese Beilagen ungelesen ins Altpapier, denn tiptop war für mich jahrelang der Inbegriff von billigen Schrottmöbeln. Verwandte und Bekannte hatten in den 90ern dort verschiedenste Stücke (kleine und grosse Schränke, Sofas, Gestelle u.ä.) gekauft und keiner war mit dem schlecht verarbeiteten Zeug zufrieden. Die Mitarbeiter schienen auch nicht gerade sämtliche Sympathiepreise einzuheimsen und der Kundendienst war schon fast legendär. Beispiel: "Ihnen fehlt ein Einlegeboden? Pech gehabt, da können wir nichts tun." Nachdem Coop die Kette übernommen hatte, schien sich die Qualität zu verbessern, zumindest habe ich das irgendwo gehört. Trotzdem war ich noch nie in der neuen Filiale, möbeltechnisch sind wir schliesslich gut versorgt.
Nur der Esstisch muss in naher Zukunft ersetzt werden. Er war beim Kauf vor 12 Jahren ein Kompromiss gewesen, gefallen hatte er mir nie so richtig. Mittlerweile ist die Tischplatte wirklich unansehnlich, zerkratzt und das viereckige Format blockiert den Durchgang. Ihr könnt euch also sicher vorstellen, wie sehr ich mich freute, als ich beim Durchblättern des Prospekts einen Tisch sah, der mir auf Anhieb gefiel und sogar noch zahlbar war. Herr C. fand ihn ebenfalls toll und da die Esszimmermöbel dort gerade mit 15% Rabatt angeboten werden, machten wir am nächsten Tag einen Abstecher auf's Land.
Das Ausstellungsstück dämpfte unsere Vorfreude allerdings erheblich. Farblich war es Welten entfernt von dem Bild im Prospekt und was mich besonders störte, war ein dunkles, gräuliches Brett in der Tischplatte, das aussah, als ob das Holz nass geworden war. Der Rest des Tisches war okay, aber dieses eine Brett störte mich massiv. Es sah fast so aus, als ob dem Tischler (ha,ha..) das gute Holz ausgegangen war. Herr C. und ich waren uns nach einer kurzen Beratung einig. Ein Tisch mit so einem hässlichen Abfallbrett in der Mitte wollten wir nicht. Aber das dürfte ja kein Problem sein. Wir könnten sicher vor dem Kauf die Tische ansehen und uns ein Exemplar mit hübscheren Brettern aussuchen.
Eine Sekunde später sprach uns eine Verkaufsberaterin an und ich freute mich über das prompte Erscheinen. Doch zu früh gefreut. Ich legte der Dame meine Bedenken hinsichtlich der Zusammensetzung der Tischplatte dar und erkundigte mich, ob die Tische vor dem Kauf besichtigt werden können. Die Dame sah mich von oben herab an, so als wäre ich strohdumm und gab herablassend zum besten, dass dieser Tisch aus Naturholz sei und Naturholz nie gleichmässig gefärbt ist. Deshalb heisst es ja Naturholz. Wirklich? Echt jetzt? Das war mir neu....
Ich setzte nochmal an und bemerkte, dass ich mir der Tatsache bewusst bin, dass Naturholz nie wirklich gleichmässig ist und selten einen perfekten Farbverlauf aufweist. Es ginge mir ja aber auch nicht um die kleinen Unterschiede der Holzbretter oder die Maserung, sondern um dieses eine, ins Auge stechende, absolut hässlich aussehende Brett. So eines mochte ich nicht in meiner zukünftigen Tischplatte. Noch genervter kam die Antwort, dass die Sachen im Katalog immer anders aussehen als in natura. Aha, wie schön, dass endlich jemand den Betrug zugibt. Nützte mir nur nicht viel, da ich ja nicht das Teil aus dem Prospekt verlangt hatte. Also auf zur nächsten Frage, die ist vielleicht einfacher zu verstehen. Wäre es denn generell möglich, einen oder zwei Tische aus dem Lager mal anzuglupschen? Genervtem Augenverdrehen folgte als Antwort: Das ist absolut nicht üblich. Ich dachte mir meinen Teil und liess sie weiter reden. Es wäre ja soooo kompliziert, so einen Tisch auszupacken. Dann müsste er ja nach der Besichtigung wieder eingepackt werden (auch soooo kompliziert) und ob ich denn eine Ahnung hätte, was das für sie persönlich an Aufwand bedeuten würde? Mittlerweile war ich über dieses hochnäsige Getue selber leicht genervt und fragte deutlicher, ob es nun möglich sei oder nicht. Sie griff wieder augenverdrehend zum Telefon, rief eine Kollegin an, fasste meine Frage kurz zusammen und gab dann drei Mal von sich: Ja, das habe ich ihr schon erklärt. Jaha, das auch. Jahaaaa, natürlich habe ich ihr das auch gesagt. Leute, ihr hättet den Ton hören sollen. Als ob ich ein kleiner, minderbemittelter, tödlich nervender Hosenscheisser sei. Sie gab sich überhaupt keine Mühe, ihre Herablassung zu verbergen und das machte mich sauer. Bei anderen Möbelhändlern war es noch nie ein Problem, ein Stück aus Massivholz vor dem Kauf in Augenschein zu nehmen. Im Gegenteil. Der Kunde soll nach dem Kauf doch zufrieden oder sogar glücklich mit seinem Einzelstück sein. Wer zufrieden ist, kommt schliesslich immer wieder. Oder?
Sie hängte ab, wandte sich wieder zu mir um und erklärte im gleichen Leck-mich-am-Arsch-Tonfall, dass sie für mich eine riesige Ausnahme machen würden. Eine wirklich einmalige Ausnahme. Ich dürfte mir (Unterton: Schätz dich glücklich, blöde Kuh!) einen Tisch anschauen. Aber nur einen. Super! Und was, wenn mir der eine nicht gefällt? Muss ich dann den zweiten im Blindflug nehmen? Ich sagte es nicht laut. Ich kam nämlich gar nicht dazu. Sie sprach nämlich gleich weiter: Aber der Tisch ist sowieso nicht auf Lager. Bitte? Wie kann es sein, dass ein Tisch, der als Neuheit beworben wird, nicht im Lager ist? Antwort: Man könne ja nicht alles auf Lager haben. Das verstehe ich, aber wir reden hier von einer NEUHEIT, aus dem AKTUELLEN Prospekt, sind die denn schon alle ausverkauft oder was? Statt einer Antwort folgte ein erneuter Griff zum Telefon und dreissig Sekunden später die Ansage, dass die Lieferfrist 4 Wochen betrage. VIER Wochen? Ich fasste kurz zusammen: Vier Wochen Wartezeit und was wäre, wenn mir dieser bestellte Tisch nicht gefallen würde? Müsste ich dann einen weiteren Monat auf eine zweite Lieferung warten? Sie sah mich an, als ob ich komplett verrückt wäre. Ich lehnte dankend ab, drehte mich um und wollte gehen. Im letzten Augenblick fragte ich nach ihrem Namen. Wenn Blicke töten könnten, wäre das nun mein Nachruf. Allerdings schien sie auch leicht verunsichert. War ich doch nicht so blöde, wie sie mich eingeschätzt hatte?
Auf dem Heimweg ärgerte ich mich wie seit Monaten nicht mehr. Die Behandlung und der schlechte Service zusammen waren einfach zu viel. Ich schrieb eine Mail an die Firmenzentrale, in der ich die unerfreuliche Begegnung zusammenfasste und anmerkte, dass vier Wochen Lieferzeit für eine beworbene Neuheit doch eine sehr lange Zeit sei. Die Antwort kam zwei Tage später (gekürzte Version):
....Der Tisch XY ist ein Tisch aus massiver Eiche. Wie Sie bereits selber erwähnt haben, ist Holz ein reines Naturprodukt und ist in vielen Jahren gewachsen. Wachstumsbedingte Abweichungen in Struktur und Farbe weisen von dessen Echtheit und machen aus Ihrem Möbel ein Unikat. Holz "arbeitet", durch wechselnde Temperaturen und Veränderungen der Luftfeuchtigkeit kann es sich leicht ausdehnen und zusammen ziehen....
Es ist bei uns nicht üblich, dass der Kunde bei uns die Tischplatten aussuchen kann. Die Farbe des Holzes wird sich nämlich auch nach dem Kauf farblich verändern.Wir können Ihnen das Angebot machen, das wir für Sie ausnahmsweise 2 Tische bestellen und sie aus den beiden ein Exemplar auswählen können. Eine Reklamation betreffend Farb- und Strukturänderungen werden wir nachträglich ablehnen...
Gerne erwarte ich Ihr Feedback....
Wie ein ehemaliger Deutschlehrer von mir sagen würde: Thema verfehlt. Ich scheine mich schriftlich nicht ausdrücken zu können, oder warum geht der Herr nicht auf meine Fragen ein? Und wenn er so eine Angst vor nachträglichen Reklamationen hat, dann wäre eine Vorbesichtigung doch der beste Weg, um solches zu vermeiden, oder? Kein Wort zu dem unpassenden Verhalten der Angestellten, kein Wort zu der langen Lieferzeit. Ich verlange ja nicht, dass man sich (virtuell) Asche über's Haupt streut, sich im Dreck windet und mir winselnd zu allem und jedem Recht gibt. Aber eine Beschwerde über eine Mitarbeiterin komplett zu ignorieren (Hey, es gibt Zeugen!), ist schon ein starkes Stück. Noch besser finde ich allerdings die, anscheinend unerklärliche, lange Lieferzeit. Da ich zumindest zu diesem Punkt weitere Informationen wollte, griff ich zum Hörer und rief in der Zentrale an. Ich gab mich als potentielle Käuferin aus (ha,ha..) und erkundigte mich über die zu erwartende Lieferfrist. Der zuständige Sachbearbeiter war sehr freundlich und gab mir gerne Auskunft. Ich müsse mit maximal zwei Wochen rechnen, normalerweise seien die Möbel aber schon innerhalb von sieben Tagen in der gewünschten Filiale. Blöde Frage, aber ist das den Mitarbeitern bekannt? Ich hätte da nämlich etwas von vier Wochen oder so gehört. Vier Wochen? Nein, nein, höchstens zwei. Und er sehe gerade, dass der gewünschte Tisch in einer anderen Filiale in meiner Nähe verfügbar ist. Wenn mir der Weg allerdings zu weit sei, könne er den Tisch ohne Aufpreis auch noch diese Woche in die nähere Filiale rüberschicken lassen. Wow. Leider zu spät, aber trotzdem Danke. Untergebene zu decken ist ja ganz löblich, aber Unfreundlichkeit gepaart mit Inkompetenz einfach zu ignorieren, ist fahrlässig. Tja, auf zwei Kunden weniger kommt es ja nie an. Oder etwa doch?